Eine Bestandsaufnahme

30-jährige Vergangenheit

Die Islamische Arbeitsgemeinschaft für Sozial- und Erziehungsberufe (IASE) kann auf eine über 30-jährige Vergangenheit zurückblicken, in der sie die Grundlagen für eine islamisch geprägte psychosoziale Versorgung für muslimische Klienten und Patienten im deutschsprachigen Raum gelegt hat. Mit reger Beteiligung von ca. 30-40 Fachkräften aus den Berufsgruppen Psychologie, (Sozial-)Pädagogik, Erzieher und Psychiatrie fanden von 1988 bis 2000 insgesamt 11 Fachtagungen zu Themen wie z.B. Gewalt in muslimischen Familien und der Rolle von Imamen in der psychosozialen Beratungsarbeit von Muslimen statt. Von Beginn an waren diese Fachtagungen von Veröffentlichungen zur kultur- und religionssensiblen Psychotherapie und Beratung muslimischer Patienten begleitet. Sowohl Fachtagungen als auch Publikationen trugen maßgeblich zur wissenschaftlichen Identität der IASE bei.

In den 2010er Jahren kam es zu einem weitgehenden Stillstand der Aktivitäten. Fachtagungen wurden nicht mehr organisiert, einzelne Mitglieder waren aber weiterhin wissenschaftlich und als Referenten aktiv.

Neue Generation muslimischer Fachkräfte

Seit 2015 wurde dieser Rückläufigkeit mit der Kraft und Energie einer neuen Generation muslimischer Fachkräfte für den psychosozialen Versorgungsbereich entgegnet. Es fanden vier Tagungen und Seminare zu den Herausforderungen der psychosozialen Versorgung von Muslimen, der Gewaltprävention und -intervention, zur theoretischen und praktischen Fruchtbarmachung von Islam und Psychologie und zur Traumdeutung statt. Diese Veranstaltungen machten eine Vernetzung der neuen Generation möglich.

Nichtsdestotrotz können wir weiterhin eine gewisse Trägheit in unseren Reihen beobachten, deren Überwindung wir nun mit einem neu gewählten Vorstand anstreben. Dem neuen Vorstand stehen über 80 Vereinsmitglieder und mehr als 600 Personen im internen E-Mailverteiler zur Seite, um in eine neue Phase der Vereinsaktivität zu starten.

Aufbauend auf der bestehenden Satzung, der im September 2018 stattgefundenen Klausurtagung zur Neustrukturierung der IASE und der konzeptionellen Diskussion zur Zukunft des Vereins auf der Mitgliederversammlung im Januar 2020 hat der neue Vorstand folgende strategische Neuausrichtung erarbeitet, in der die allgemeinen Ziele der IASE samt ihrer Funktionen herausgearbeitet und die zum Erreichen dieser Ziele notwendigen Prinzipien und konkreten Schritte kurz-, mittel- und langfristiger Natur dargestellt werden.

 

Wo wollen wir hin? 

Die inhaltliche Zielformulierung für die Arbeit der IASE besteht in Folgendem:


Etablierung der IASE als wissenschaftliche und finanziell als auch politisch unabhängige Fachgesellschaft für islamisch geprägte psychosoziale Arbeit zum Zweck der Verbesserung der psychosozialen und pädagogischen Versorgung der in Deutschland lebenden Muslime


(1) Vernetzung und Professionalisierung

Wir verstehen die Funktion einer solchen wissenschaftlichen Gesellschaft zum einen darin, Fachkräfte der psychosozialen Versorgung von Muslimen zu vernetzen und sie dabei zu unterstützen, die eigene therapeutische bzw. beraterische Arbeit anhand relativ einheitlicher Standards weiter zu professionalisieren. Ein solcher Professionalisierungsprozess wird vor allem durch die Organisation von Veranstaltungen wie Fachtagungen und Seminaren und in diesem Rahmen stattfindenden Fortbildungen für muslimische Fachkräfte und solche anderer Religionen und Weltanschauungen, aber auch durch die regelmäßige Veröffentlichung von Zeitschriftenartikeln und Fachbüchern begleitet.

(2) Vermittlung der psychosozialen Versorgung von Muslimen

Andererseits sehen wir die Funktion der IASE langfristig auch in der Vermittlung der psychosozialen Versorgung von muslimischen Klienten und Patienten. Die IASE sieht sich nicht in der praktischen Arbeit mit der muslimischen Klientel, sondern als übergreifende Plattform zum Aufbau einer Infrastruktur für die im sozialen Bereich tätigen muslimischen Organisationen und Fachleute (z.B. bei der konzeptionellen Gestaltung oder Vernetzung und Vermittlung von Fachwissen). Dies beinhaltet eine strukturierte Zusammenarbeit mit den Moscheegemeinden und Imamen, eine Koordination der Überweisungspraxis zwischen den Beratern und Therapeuten mit ihren jeweiligen Spezialisierungen und die Sensibilisierung und Psychoedukation der muslimischen Community für psychosoziale und pädagogische Belange.