IP Aktivitäten in Deutschland

Dieser Sammelband gehört zu den ersten Arbeitsergebnissen der im Februar 2015 ins Leben gerufenen Islam und Psychologie Forschungsgruppe der Islamischen Arbeitsgemeinschaft für Sozial- und Erziehungsberufe e. V., deren Aktivitäten wir hier als Beispiel für die Arbeit in der deutschen Islam und Psychologie-Szene exemplarisch skizzieren möchten. Ziel der Gruppe ist es, einen umfassenden Überblick über die existierenden Veröffentlichungen im Bereich Islam und Psychologie zu gewinnen und diese der breiten Masse zugänglich zu machen. Dazu stehen vier Arbeitsschwerpunkte im Zentrum: die Übersetzungsarbeit zur Bestandsaufnahme und -analyse der bestehenden Literatur, die Theorieentwicklung aufbauend auf dieser Bestandsaufnahme und -analyse, die Beschreibung sozialer Netzwerke muslimischer Psychologen auf einer europäischen und internationalen Ebene und die langfristige Etablierung einer Literaturdatenbank für relevante Veröffentlichungen.

Der Übersetzungsarbeit kommt eine Schlüsselfunktion zu, um die bereits geleistete Durchdringung der theoretischen und praktischen Dimensionen von Islam und Psychologie zunächst in der englischen Literatur zusammenzufassen. Dieser Sammelband lässt sich in diese Arbeitslinie der Übersetzungsarbeit und Synthese der vorhandenen Literatur einordnen. Um auf dieser Synthese der Literatur aufzubauen, nimmt neben der Übersetzungsarbeit die Theorieentwicklung und Erarbeitung der theoretischen Grundlagen der Islam und Psychologie-Strömung eine elementare Rolle ein. In diesem Rahmen hat die Gruppe in Zusammenarbeit mit dem Ihsaan Beratungsdienst in Bradford (England) kürzlich dazu beigetragen, den theoretischen Diskurs zu einer islamischen Psychologie neu zu synthetisieren und ihre Ergebnisse im European Psychologist publiziert (Kaplick & Skinner, 2017). Hinsichtlich der  Anwendung dieser Erkenntnisse in der Psychotherapie mit muslimischen Patienten haben wir die Relevanz zentraler Elemente der islamischen Spiritualität mit Bezügen zu psychischen Erkrankungen und Psychotherapie in der Zeitschrift Spiritual Care veröffentlicht (Rüschoff, 2017) und werden zur Integration islamischer Spiritualität in die tiefenpsychologisch orientierte Psychotherapie in einem Sammelband der Templeton Press zu islamisch-integrierter Psychotherapie beitragen (Rüschoff & Kaplick, 2018).

Ein wesentliches Hindernis in der gegenwärtigen Theoriearbeit ist das Fehlen internationaler Kooperationen. Daher konzentriert sich die Gruppe zur Förderung der Theoriearbeit auf die Erschließung institutioneller Strukturen muslimischer Psychologen und die Förderung von Kooperationsprojekten. Hierzu sind Beschreibungen der britischen, amerikanischen, indischen und deutschen Szene muslimischer Psychologen in den Zeitschriften Spiritual Care und Wege zum Menschen erschienen (Kaplick, 2018, Kaplick & Rüschoff, 2018). Kooperationen bestehen auf amerikanischer Seite mit dem Stanford Muslims and Mental Health Labor von Dr. Rania Awaad an der Fakultät für Psychiatrie und Verhaltenswissenschaften der Stanford Universität, mit Dr. Carrie York Al-Karam von der Universität Iowa und dem Institute of Muslim Mental Health unter der Leitung von Hamada Hamid (Yale Universität). Zu den britischen Kooperationspartnern gehören der Ihsaan Beratungsdienst in Bradford und die Fakultät für klinische Psychologie an der Universität Sheffield mit Prof. Rasjid Skinner und die Islamic Psychology Professional Association London um Nasima Khanom. Seit kurzem besteht außerdem eine Zusammenarbeit mit der Indian Council of Islamic Perspective in Psychology an der Jamia Millia Islamia in Neu Delhi, der Aligarh Muslim Universität in Aligarh und dem Centre for Study and Research in Hyderabad (Indien).

Die langfristige Etablierung einer Literaturdatenbank für relevante Veröffentlichungen folgt dem Beispiel der Zillur Rahman Bibliothek der Ibn Sina Academy of Medieval Medicine & Sciences in Aligarh, eine Kleinstadt 140 Kilometer südlich von Neu Delhi in Indien. Seit den 1960er Jahren wurde dort als Produkt der Arbeit eines Einzelnen, namentlich Prof. Hakim Syed Zillur Rahman, eine beeindruckende Bibliothek mit über 15000 Büchern zur islamischen Medizin zusammengestellt. Ein maßgebliches Motiv des Professors für die Zusammentragung der weitläufigen Sammlung von Schriften in islamischer Medizin war es, der muslimischen Jugend zu zeigen, welches großartige Erbe ihre Vorväter ihnen hinterlassen haben und sie dazu zu ermutigen, als Muslime aktiv am wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn teilzunehmen. Diesem Ziel gliedert sich das Literaturdatenbankprojekt an und ist bestrebt, den Zugang zur vorhandenen Literatur zu Islam und Psychologie einer breiten Öffentlichkeit zu erleichtern. In einem ersten Schritt wurde im Juli 2016 eine Liste mit über 200 relevanten Veröffentlichungen auf der Website der Forschungsgruppe online gestellt. Im Oktober 2017 folgte eine Liste mit ausgewählter einführender Lektüre zum Thema Islam und Psychologie.

Bevor wir uns kritisch mit der IP Literatur auseinandersetzen, werden wir die bisherigen Blogbeiträge in dieser Reihe in 2 Wochen kurz zusammenfassen.

Über diese Blogreihe

Nachdem wir uns im IASE Blog bereits den Themenfeldern „Die Terra Incognita der islamischen Psychologie“ und den „Instituten und Vereinigungen muslimischer Psychologen“ zugewandt haben, beschäftigen wir uns in dieser Blogreihe detaillierter mit der Literatur zum Thema islamische Psychologie in ihrer geschichtlichen Entwicklung und ihrem Gegenstand. Diese Blogreihe erscheint alle zwei Wochen am Sonntag. Die Inhalte sind aus der theoretischen Einführung in den Sammelband „Islam und Psychologie – Beiträge zu aktuellen Konzepten in Theorie und Praxis“ entnommen, der zum Beispiel hier erhältlich ist. Darin findet Ihr auch ein Literaturverzeichnis für die verwendeten Quellen.