Institute und Vereinigungen muslimischer Psychologen

In dieser Blogreihe werden wir Euch über mehrere Wochen hinweg verschiedene Institute und Vereinigungen aus aller Welt vorstellen, in denen muslimische Psychologen glaubens- und kultursensible aber auch spirituell integrierte Beratung und Psychotherapie für muslimische Klienten und Patienten anbieten. Unser Schwerpunkt liegt auf Großbritannien und Amerika. Dies wird vor allem für die muslimischen Psychologiestudenten unter unseren Lesern interessant sein, da ein Großteil dieser Institute und Vereinigungen auch klinische Praktika anbieten.

In der ersten Woche möchten wir Euch zunächst eine Einschätzung der momentanen Lage des britischen Netzwerks muslimischer Psychologen geben und die wichtigsten Institutionen vorstellen, bevor wir ein paar davon genauer betrachten möchten.

Das Netzwerk muslimischer Psychologen profitiert personell von der 25 bis 30-jährigen Erfahrung einzelner Psychotherapeuten und Berater und ist sehr klinisch ausgerichtet. Malik Badri, ursprünglich aus dem Sudan und danach in Malaysia lehrend tätig, publizierte sein erstes Buch 1979, welches in Großbritannien im Rahmen einer Diskussion zwischen dem dortigen ersten muslimischen Psychotherapeuten Rasjid Skinner, muslimischen Gelehrten wie Muhtar Holland und Timothy Winter, den Psychotherapeuten Rabia Malik und Aliah Haeri und dem Naturmediziner Hakim Salim Khan über einen Zeitraum von zehn Jahren rezipiert wurde. Aus dieser langjährigen kritischen Diskussion bzw. der Kritik Badris resultiert der Ansatz Skinners von 1989.

Die klinische Ausrichtung der britischen Strukturen zeigt sich insbesondere in langjährig etablierten, postgradualen Weiterbildungsprogrammen. Hakim Salim Khans Arbeit ist auf die Entwicklung eines naturmedizinischen bzw. -heilkundlichen Modells und dessen klinischer Anwendung ausgerichtet. Er gründete 1978 die Mohsin Clinic of Natural Medicine und etablierte das College of Medicine and Healing Arts in Leicester. Dieses bietet ein Programm in naturheilkundlicher Beratung und Psychotherapie an und brachte jüngst seine ersten Absolventen hervor. Diesem folgte 1989 ein Kurs in Islamischer Beratung von Stephen Maynard & Associates in London.

Kurz nach der Jahrtausendwende fanden sich die wichtigsten Vertreter der Strömung in London zusammen, um das Institute of Islamic Counselling ins Leben zu rufen. Dieser Versuch scheiterte jedoch in seinem Ziel, sich zu einer nationalen Organisation zu entwickeln, da grundlegende Konzepte bzw. theoretische Vorstellungen kaum diskutiert wurden und man sich nur schwierig organisieren konnte. 2014 kam es nach langjähriger Vorbereitungsarbeit durch Rasjid Skinner und Abdul-Wali Wardak in Bradford zur Gründung des Ihsaan-Dienstes, der ein Angebot an islamisch-orientierter professioneller Beratung und Therapie vorhält. Die Vorbereitungsarbeiten umfassten dabei vor allem das Training von Psychotherapeuten in einem islamischen Ansatz, der sich an einem islamischen Verständnis des Selbst und seinen Dynamiken orientiert. In der Therapie werden z. B. Faktoren wie die natürliche Ausrichtung des Menschen auf Gott (Fitra) sowie kulturelle, religiöse und spirituelle Bedingungen berücksichtigt, die die psychische Gesundheit beeinflussen können. Ebenfalls 2014 fand der erste Kurs Islamic Approaches to Psychology and Psychotherapy am Cambridge Muslim College statt, der seitdem regelmäßig von Rasjid Skinner geleitet wird. Skinner selbst ist Gastprofessor an der Fakultät für klinische Psychologie der Universität Karachi in Pakistan.

In jüngster Zeit kam es durch Penny Appeal zur Gründung des Alif-Institutes, welches auch eine Abteilung für islamische Psychologie beherbergt. Diese wird von einer Reihe von Imamen und Theologen geführt und strebt an, eine zentrale Stelle für die Akkreditierung von islamischen Beratern zu werden. Es kam im Frühjahr 2018 zu harten inhaltlichen und politischen Auseinandersetzungen zwischen den „etablierten“ muslimischen Psychologen und den Imamen vom Alif Institute. Auf der einen Seite argumentieren viele muslimische Psychologen, dass eine weitere Akkreditierungsstelle neben dem Institute of Islamic Counselling nicht notwendig ist und nur zu unnötiger Verwirrung führt. Auf der anderen Seite kritisieren jedoch die Imame und Theologen, dass die islamisch theologische Fundierung der soweit entwickelten islamischen Psychologie und Beratung durch muslimische Psychologen qualitativ minderwertig ist und die Imame und Theologen somit Abstand wahren. In der Konsequenz gibt es nun zwei Ausbildungsstellen für islamische Berater in London, die langfristig wohl mehr oder weniger friedlich nebeneinander existieren werden.

Quelle der Originalveröffentlichung (siehe auch für Quellennachweise):

Kaplick, P. M., & Rüschoff, I. (2018). Islam und Psychologie in Großbritannien, den USA und Deutschland. Wege zum Menschen70(1), 78-88. doi:10.13109/weme.2018.70.1.78